FRANKREICH | EURO 2016 45 Zurück in Paris argumentiert Ferran in fünf aufeinanderfolgenden Artikeln,warumdieZeitfürdie„Couped’Europe“jetztreifist.ImAprillädt L‘Equipe17führendeClubvertreter,darunterauchSantiagoBernabéuaus Madrid, zu einem Meeting im Hôtel Ambassador beim Bahnhof Saint-La- zare ein. Dynamo Moskau sagt kurzfristig ab, bleiben genau 16 übrig – die ideale Zahl für einen Pokalwettbewerb! Die Partien der ersten Runde werden gleich festgelegt – darunter Rot-Weiß Essen gegen den Hibernian FC aus Edinburgh und der 1. FC Saarbrücken, als Vertreter des noch eigenständigen Saar-Verbandes, gegen den AC Mailand. Jetzt bekommt die FIFA Angst, dass sie die Kontrolle über den inter- nationalenFußballverliert,setztimMaiinallerSchnelleeineVersammlung in London an und macht der UEFA Beine, sie möge doch bitte die Organi- sationdiesesneuenWettbewerbsübernehmen.Wasdannauchgeschieht: Die UEFA akzeptiert alles, was L’Equipe und die 16 Vereine in Paris ausge- handelthaben,undlanciertdasDingunterdemNamen„Coupeeuropéenne des Clubs Champions“. Nur drei Monate später stehen sich Sporting Lis- sabon und Partisan Belgrad im ersten Europacup-Spiel gegenüber. Und L’Equipe? Lacht sich ins Fäustchen, stiftet die Trophäe und bereut bald, nichtwenigstens1%derEinnahmenalsUrheberrechtgefordertzuhaben. Ein Jahr später setzt Jacques Ferran noch eins drauf: Mit seinen KollegenerfindeternachdemEuropacupauchnochdenBallond’Or,den Goldenen Ball für den besten Fußballer Europas. „Es war eben eine Zeit, inderallesmöglichschien,undsohabenwirgarnichtgroßnachgedacht.“ Zum Abschluss dieser „goldenen“ 50er Jahre setzt die UEFA dann endlich die Idee der Europameisterschaft für Nationalmannschaften um: ab Herbst 1958 finden die ersten Qualifikationsrunden statt. Damals zeig- tenEngland,Deutschland,ItalienunddieNiederlandediesemWettbewerb noch die kalte Schulter. Das haben sie sich in der Zwischenzeit anders überlegt. Merci beaucoup, Messieurs ! FußballfunktionäreundSportjournalistensindimmerwiedergernedie ZielscheibevonKritik,oftzuRecht,manchmaleinbisschenvorschnell.Wenn manallerdingsdiespannendeGeschichtederfranzösischenPioniereRevue passieren lässt, kann man nur den Hut ziehen – „chapeau !“, wie man hierzulande sagt. Ihre Begeisterung hat Berge versetzt, und ihrem Einsatz undDurchsetzungsvermögenverdankenwirheuteunvergesslicheMomente. Also:BeimPlatznehmenimEM-StadionirgendwozwischenLilleundMar- seille ist eine kleine Gedenksekunde absolut angebracht. Der europäische Fußball – hier in Frankreich darf er sich wirklich wie zu Hause fühlen.